Düsseldorfer Erklärung zur Bewahrung des historischen Filmguts

Ein Appell an die Landesregierung und die Bürgerinnen und Bürger von Nordrhein-Westfalen

Der Film ist Kulturgut mit einer mehr als 100jährigen Geschichte. Er spiegelt unser Leben, unsere Welt, unsere Zeit in seiner ihm eigenen, besonderen Art. Er dokumentiert, informiert, belehrt und unterhält; er ist ein Gedächtnis in bewegten Bildern. Seit nunmehr über 15 Jahren arbeiten auf Initiative und mit Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen Vertreter staatlicher, kommunaler, öffentlich-rechtlicher und privater Archive, von öffentlichen Medieneinrichtungen, des Düsseldorfer Filmmuseums und der Kinemathek im Ruhrgebiet im Arbeitskreis Filmarchivierung NRW zusammen, um historisches Filmmaterial

  • zentral nachzuweisen
  • materialadäquat zu konservieren und zu pflegen
  • ausgewählte Werke zu restaurieren
  • auf forschungsfreundliches und öffentlich nutzbares Trägermaterial zu überspielen
  • Forschung, Bildung und Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die vom Arbeitskreis bisher erzielten Ergebnisse übertreffen die ursprünglichen Erwartungen bei weitem. Sie belegen jedoch auch, dass auf dem Weg zu einer verantwortungsvollen Verwahrung und Nutzung des Filmerbes noch ein weiter Weg zurückgelegt werden muss und viele weitere Anstrengungen unternommen werden müssen.

Ein schon jetzt kaum noch überschaubarer Fundus von Filmen in öffentlichem und privatem Besitz konnte nachgewiesen werden. Das Verzeichnis historischer Filmbestände in Nordrhein-Westfalen erschien 1994 in erster und 1997 in einer stark erweiterten zweiten Auflage. Durch das vom Land finanziell geförderte und von der Kinemathek im Ruhrgebiet durchgeführte Projekt „Büchsenöffner“ konnten erste Bestände gesichtet und erfasst werden.

2005 hat das LWL-Landesmedienzentrum mit Unterstützung der NRW-Landesregierung ein Pilotprojekt gestartet, das auf die Entwicklung einer elektronischen Datenbank zur Erfassung und Erschließung historischer Filmbestände im Münsterland zielt und mittelfristig als Grundlage für eine NRW-weite Datenbank dienen soll.

Wirtschaftsarchive des Ruhrgebiets haben eine umfangreiche Dokumentation ihrer mehr als 500 Filme aus den „langen 1950er Jahren“ erarbeitet und 2003 veröffentlicht, eine vergleichbare Dokumentation der Wirtschaftsfilme aus den 1960er Jahren befindet sich in Vorbereitung.

Auch zur filmadäquaten Dauerarchivierung sind inzwischen wichtige Voraussetzungen geschaffen worden. In Düsseldorf hat die Stadt mit finanzieller Unterstützung durch das Land ein großes Filmdepot errichtet, das allen Ansprüchen an die aufwändige klimatische und auch die sicherheitstechnische Dauerarchivierung von empfindlichem historischem Filmgut gerecht wird. Die Anlage wird durch Arbeitsräume, die eine Sichtung und wissenschaftliches Arbeiten erlauben, wirkungsvoll ergänzt. Das Filmmuseum Düsseldorf betreut die hier gelagerte landeseigene Filmsammlung, deren Bestände bis auf die 1950er Jahre zurückgehen. Es unterstützt so seit mehr als 20 Jahren das Engagement der Landesregierung, das filmische Erbe von Nordrhein-Westfalen zu retten und zu bewahren.

Historische Filme gehören inzwischen zum gern genutzten und mit wachsendem Interesse gesehenen Programm der Fernsehanstalten; sie sind wichtiger Bestandteil interner wie öffentlicher Veranstaltungen. Regelmäßig präsentieren die Mitglieder des Arbeitskreises ihre historischen Filme der Öffentlichkeit und publizieren ihre Forschungsergebnisse. So präsentierte der WDR im Jahr 2000 zusammen mit der Kinemathek im Ruhrgebiet das einwöchige Festival „Das Ruhrgebiet im Film“ auf der Zeche Zollverein. Das LWL-Medienzentrum hat in der Reihe „Westfalen in Historischen Filmen“ bereits 30 Filme der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Ergebnisse einer mehrtägigen Veranstaltung der Wirtschaftsarchive und der Kinemathek im Ruhrgebiet, die v. a. auch die Bedeutung als Quelle für die Forschung untersuchte, sind 1997 in dem Band „Industriefilm – Medium und Quelle“ publiziert worden.

Alle genannten Institutionen finanzieren ihre Aktivitäten aus eigenem Etat. Das Land selbst unterstützte derartige Initiativen zuletzt vor rund 15 Jahren durch die Förderung von Tagungen wie„Filmrestaurierung – Ein Werk von Kulturdetektiven“.

Einrichtungen aus NRW haben so Pionierdienste geleistet, die – über die Grenzen hinweg – anerkannt und nachgeahmt werden. Sorge bereitet dem Arbeitskreis, dass umfangreiche Filmbestände und damit ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes unseres Landes in seiner Existenz gefährdet ist. Die Sorgekorrespondiert mit den Vorgaben der Europäischen Union zum Schutz des audiovisuellen Erbes. Besonders gefährdet sind neben Filmen, die das zur Selbstentzündung neigende Nitromaterial als Träger aufweisen, alle Farbfilme. Leider glauben immer noch viele Verwahrstellen, ihr Filmgut auch in Wohnräumen oder Kellern und Garagen auf Dauer aufbewahren zu können.

Der Arbeitskreis ruft daher die Bürgerinnen und Bürger des Landes dringend auf, historische Filmbestände an eine der im AK Filmarchivierung zusammengeschlossenen Einrichtungen zu melden, für eine materialgerechte Aufbewahrung abzugeben sowie einer Erschließung und Nutzung zuzustimmen – die Eigentumsrechte bleiben davon unberührt.

Die Landesregierung hat die Dauerarchivierung des Filmguts durch die Beteiligung am Bau eines Spezialmagazins sowie die Überspielung ausgewählter Filme auf Trägermaterial, das wissenschaftliches Arbeiten mit den Filmen und deren Vorführung in der Öffentlichkeit erlaubt, finanziell gefördert. Eine derartige Förderung ist im größeren Umfang erforderlich, wenn das audiovisuelle Erbe auch nachgeborenen Generationen zugänglich sein soll.

Nur gemeinsam besteht die Chance, die historischen Filme als unverzichtbares Kulturgut auf Dauer zu bewahren und zu nutzen.

Düsseldorf, den 18. Oktober 2006

Hans Hauptstock, Paul Hofmann, Dr. Volker Jakob, Dr. Markus Köster, Dr. Sabine Lenk, Prof. Dr. Horst A. Wessel

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