2. Öffentliche Fachtagung des AK Filmarchivierung

„Langzeitarchivierung. Analog/Digital?“ Programm der Tagung, 21. August 2008 
2. Öffentliche Fachtagung in der Katholischen Akademie Schwerte (Programm)

Tagungsbericht

Langzeitarchivierung – analog oder digital? Eine Tagung in Schwerte am 21. August 2008

Erinnerungen sind unverzichtbar für individuelle wie kollektive Identität. Der „Arbeitskreis Filmarchivierung NRW“ bemüht sich, die Schaffung eines kollektiven filmischen Gedächtnisses zur Geschichte NRW’s zu fördern. Objekte sind u. a. der Kino-, Dokumentar-, Industrie- und Amateurfilm. Im AK sind über ‚Gruppenvertretung’ Mitglied die Staatsarchive, beide Landschaftsverbände, Wirtschaftsarchive, WDR, Museen, Filminstitutionen und kirchliche Archive/Medienzentralen. Deren Aufgabe ist es, bis auf die Ortsebene hinunter ein Verständnis für Sammlung/Sicherung/Auswertung filmischer Überlieferung zu erwecken. Wer zukünftig in der visuellen Geschichtsschreibung berücksichtigt sein will, muß für den Auf- und Ausbau eines filmischen Gedächtnisses seiner Gruppe Sorge tragen. Näheres zum AK: http://www.filmarchivierung-nrw.de.

Etwa 80 Vertreter verschiedener Gruppen versammelten sich in der Katholischen Akademie Schwerte zur 2. Öffentlichen Tagung des AK. Es zeigte sich, dass der Informationsbedarf durchweg groß ist, nicht nur zum Thema der Tagung, sondern generell. Die AK plant für 2009 ein weiteres Treffen. Zum Beginn ermutigte Ruth Schiffer, Staatskanzlei Düsseldorf, Anträge an das laufende Förderungsprogramm zu stellen. Eine deutliche Positionierung!

Bis zur Mitte der 1970er Jahre waren die Laufbilder in Europa ausschließlich auf analogem photochemischem Material fixiert. Mit diesem gibt es, so Matthias Knop vom Filmmuseum Düsseldorf, Erfahrungen zu dessen Erhalt. Umkopierte Nitrofilme wie Nicht-Nitrofilme haben bei einer sachgemäßen Lagerung eine Lebensdauer von ca. 500 Jahren. Der erste Schritt sei die analoge physische Sicherung des Materials in technisch größt möglicher Qualität und, wenn möglich, Rekonstruktion der Originalfassung. Von dieser Kopie sollten dann digitale Fassungen für wissenschaftliche Auswertung, öffentliche Präsentation oder gewerbliche Nutzung hergestellt werden. Hier sei es sinnvoll, die Vorzüge digitaler Techniken zu nutzen. In Knops Sinne auch Egbert Koppe, Bundesarchiv-Filmarchiv. – Man spürt, sie kommen aus der Tradition von Filminstitutionen, deren Einschätzung auch von den Vertretern ‚klassischer’ Archive geteilt wurde.

Interessant in diesem Zusammenhang sind die Sätze „Die Vorteile der analogen und der digitalen Bilderwelt lassen sich heute durchaus kombinieren. Dabei werden die digitalen Bilddaten auf Film ausbelichtet, verbunden mit der Möglichkeit, diese später zu re-digitalisieren – eine beispielsweise von einigen Museen und Archiven, aber auch von Berufsphotographen bereits erprobte Möglichkeit.“ So zu lesen im Flyer „Digital speichern – filmbasiert archivieren?“ mit dem die Deutsche Gesellschaft für Photographie e. V. zu einem Vortragsforum während der diesjährigen Photokina einlädt.

Bei digitaler Landzeitspeicherung gibt es nach Rolf Dässler, FH Potsdam, Christoph Müller, SWR Baden-Baden, und Klaus Pollmeier, FH Stuttgart, mehre Probleme: rasch wechselnde Technik, z. B. bei Videoaufzeichnungen bei bisher 40 Formaten; nicht absehbare technische Entwicklungen, damit verbunden die des Datenaustausches; bekannte und noch nicht bekannte Tücken der Techniken; die Lebensdauer der gespeicherten Daten: sie reicht von 5 Jahren bei Festplatten über 50 Jahre (Archiv-Magnetband-Systeme und Ultra-Density-Optical-Systeme) bis zu geschätzten 100 Jahre bei Holografischen Speichern). Allerdings nur Einschätzungen!

Die immensen Kosten für Datensicherung und -austauschsysteme sind das Problem. Sie können nur von Institutionen verantwortet werden, für die die Archivalien zugleich Produktionsmittel sind: TV und Firmen. Nicht von Archiven und Museen. Produzenten sind angewiesen auf schnellen Zugriff, Erschließung und Übermittlung – das leistet digitale Speicherung!

Videobänder haben einen Abrieb. Nach Pollmeier bedeutet Rettung der Aufzeichnungen sie auf Nicht-Band-Material zu digitalisieren. Dem Argument, photochemische Träger haben gegenüber einem der digitalen einen z. Zt. unschlagbaren Vorsprung setzt er entgegen; wisse man, wie lange die digitale Speicherung zuverlässig ist, dann installiere man eine automatische Migration der Daten zur deren Rettung auf einen neuen Träger! Wenn z. B. eine Speicherung nur für 10 Jahre sicher ist, dann überspiele man vor Ablauf der Frist die Daten auf ein neues Trägermaterial Ein Vorgang, der auch automatisiert werden kann.

Die Entwicklung der Digitalisierung ist offen und spannend. Welches System wird der notwendige Standard? Die analoge Sicherung ist berechenbar.

Johannes Horstmann, 9. Oktober 2008

[Erscheint in leicht veränderter Fassung im Film-Dienst, dem für die Vorabveröffentlichung gedankt sei.]